Kratzekind

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Top 10 - Die zehn besten Tipps zum Eincremen von Kindern & Babies mit Neurodermitis

Spaß statt Tortur - tägliche Basispflege kann oft zum bitteren Kampf zwischen Kind & Eltern führen

Machen wir uns nichts vor – wer von uns hätte Spaß daran, sich selbst mindestens 2x täglich, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr mit einer meist schlecht einziehenden, zähflüssigen Creme, Salbe oder Lotion einschmieren zu lassen? Ich dachte immer, es sei nur eine Frage der Zeit, bis das Eincremen unseres Kratzekindes zum Alltag dazu gehört wie das Zähneputzen – lästig aber kein Grund regelmäßig vollständig die Nerven zu verlieren. Dem ist bislang bei unserem 5-jährigen Kratzekind leider nicht so - vielmehr bleibt die Basispflege jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung für die ganze Familie.

Selbst wenn Kinder ab einem gewissen Alter und mit gesteigertem Reflektionsvermögen einen Kausalzusammenhang zwischen dem (gegebenenfalls als unangenehm empfundenen) Eincremen und dem darauf folgenden angenehmeren Hautgefühl erkennen könnten, so gibt es selbst bei einem 5-jährigen Kratzekind regelmäßig 'Rückschläge' in der Motivation & Kooperationsbereitschaft bei der Basispflege. Das Kind steht seiner Pflege dann selbst im Weg. Und selbst die besten Tipps & Tricks führen dann vielleicht nicht zum erwünschten Erfolg. So wird das tägliche Eincremen manches Mal zur Tortur für Kind und Eltern.

Dennoch gibt es immer wieder ein Zeitfenster, eine neue Herangehensweise, eine rettende Idee, um das Kind aus seiner "Anti-Haltung" herauszulocken. Vielleicht ist in unserer aktuellen Top 10 Liste der besten Eincreme-Tipps auch für Dich eine Anregung dabei mal wieder etwas Neues auszuprobieren. Los geht's:

Top 10 Liste: unsere besten Tipps zum Eincremen von Kratzekindern

  1. Spaß statt Tortur: Druck rausnehmen – einfacher gesagt als getan aber: Druck rausnehmen hilft bei uns in den allermeisten Fällen. Kinder spüren wie angespannt wir uns dem Thema "Eincremen" manchmal schon nähern. Manches Mal ist mir im Nachhinein einer Pflege-Prozedur vollkommen klar, wo der Fehler lag: in meiner Anspannung und Gereiztheit (Beispiel: "So, jetzt cremen wir uns schnell ein aber dieses Mal bitte ohne Ausraster" – das kann ja nicht gut gehen!). Lautwerden, Aggressionen aufkeimen lassen, emotional werden, dem Kind ein schlechtes Gewissen machen ("brave Kinder lassen sich immer eincremen. Ich bin enttäuscht") sind ausnahmslos kontraproduktiv und führen zum gegenteiligen Effekt: das Wutmonster im Bauch des Kindes wird dann nur noch größer. Die innere, positive Einstellung der Eltern muss also passen. Eine angenehme Atmosphäre, Ruhe und Gelassenheit ist die halbe Miete. Und wenn ein Wutanfall unser Kratzekind überkommt: Zurückziehen, Zeit geben, neuen Versuch starten statt in Rage den Stiefel durchzuziehen – führt nur zur negativen Verstärkung der Anti-Haltung.

  2. Die richtige Creme – wird tatsächlich das richtige Produkt eingesetzt? Und auch in der richtigen Menge, um tatsächlich zum Erfolg führen zu können? Urea-haltige Cremes auch auf nur leicht entzündeten Stellen brennen wie Feuer, zu fettige Cremes oder gar Salben sind im Sommer durch den sich bildenden Hitzestau auf der Haut kaum zu ertragen. Habt ihr das richtige Produkt für die richtige Jahreszeit, das genau Eurem Kind hilft? Zudem: Fragt Euren Arzt oder Eure Heilpraktikerin nach einer ganz konkreten (sogenannten Fingerspitzen)-Dosierempfehlung (zu Beginn hatten wir z.B. viel zu wenig Creme pro Einheit auf dem Körper verteilt ohne es zu wissen) – stellt sicher, dass das Pflegeprodukt wirklich Abhilfe leistet statt Leiden in Teilen gar zu verstärken. Immens hilfreich sind hier Elternschulungen rund um die Pflege von Kindern bei Allergien, Asthma und Neurodermitis bei Kindern & Babies, die diverse Vereine und Kliniken anbieten.

  3. Das optimale Zeitmanagement – "Los jetzt, ich muss zur Arbeit" – ob cremen, Zähneputzen, anziehen; welches Kind wird bei so einem Spruch nicht bockig? Für die Hautpflege sollte man mindestens 15 Minuten Puffer einkalkulieren am Morgen und am Abend. Selbst am Abend sollte ein Zeitpunkt abgepasst werden, zu dem der kleine Patient noch nicht zu müde ist, um 'konstruktiv' am Ball zu bleiben. Darüber hinaus ist es aus meiner Erfahrung wichtig, das Eincremen nicht zu stark mit dem Schlafengehen zu verknüpfen, da das Zubettgehen bei den meisten Kindern mit etwas Negativem verbunden wird (nach dem Motto: "Mist, der Tag ist zu Ende - dann zögere ich lieber das Eincremen noch lange hinaus"). Nach dem Eincremen sollte also noch eine freudige oder gemütliche Einheit folgen, die mit etwas Positivem verknüpft ist, z.B. gemeinsam lesen oder singen.

  4. Die richtige Temperatur: Zimmertemperatur, Temperatur der Creme und Temperatur der Hände des Eincremenden – alle drei sind entscheidende Faktoren für ein gelungenes Eincreme-Ritual. Findet heraus, welche Temperaturen Euer Kratzekind als angenehm empfindet. Z.B. wird unserem Großen schnell kalt bei dem splitterfasernackten Procedere ("Mama, Deine Hände sind zu kalt!" oder "Mama, ich friere!"). Im Sommer kann es bei manch einem Kratzebaby oder -kind helfen, die Creme im Kühlschrank zu lagern  (muss es aber nicht! Unserem Sohn ist das zu kühl auf der Haut), im Winter sollte die Raumtemperatur angehoben werden sobald es ans Eincremen & das folgende Einziehen der Creme geht. Warme, weiche Hände helfen bei unserem Kratzekind enorm. Gleiches gilt vor dem Auftragen für das kurze 'Erwärmen' der Creme zwischen den Handflächen. Kleiner Tipp: Ringe und Armreifen weglassen und die Fingernägel kürzen - damit minimiert man die Gefahr, die Haut des Kindes oder Babies unangenehm zu scheuern oder zu kratzen.

  5. Ablenkung & Zerstreuung – Ablenkung ist für uns das wichtigste Tool überhaupt. Wie man es dreht und wendet, cremen ist und bleibt unangenehm, warum also es noch groß zum Thema machen während das Kind gequält vor uns steht und still stehen muss  ("So, jetzt müssen wir leider leider eincremen, das ist ja lästig…"). Dann doch lieber wilde Geschichten von Piraten, Kratzemonstern und Hustefüchsen erzählen, das Kind beiläufig in ein Gespräch über ein Thema von 'höchster Bedeutung' verwickeln ("Wenn die Dinosaurier noch leben würden, meinst Du, ihnen würde Kartoffelbrei genauso gut schmecken wie Dir?"), bei Kleineren ein überraschendes Mobilé zum Einsatz bringen oder einen unbekannten Aufziehvogel watscheln lassen während man das Kind 'ganz nebenbei' eincremt. Vielleicht ist es auch bei den musisch interessierten Mäusen ein selbstgedichteter Eincreme-Song oder ein gemeinsames Mitmach-Lied ("Und die Räder von dem Bus…"), das hilft, vom Eincreme-Ritual abzulenken. Oft creme ich unser Kratzekind auch im Stehen, Gehen, Spielen ein, solange sich die Pflege 'unauffällig aufdrängen' lässt. Zerstreuung hilft nicht nur uns Erwachsenen oft genug, um uns vom Wesentlichen abzulenken – das funktioniert auch bei den Kleinsten sehr gut.

  6. "Ich kann das schon allein!" - Hilfe zur Selbsthilfe – bereits die Kleinsten wollen selbständig und (weitestgehend) autark durch ihr junges Leben stolpern, fallen, wiederaufstehen und weiterrennen. Niemand mag Fremdbestimmung gern (Beispiel: "Es ist mir egal, ob Du das jetzt willst oder nicht; es wird jetzt eingecremt und basta!"). Probiere doch einmal aus, Deinem Kratzekind mehr Raum und Eigenverantwortung zu geben, und es mehr einzubinden in das tägliche Ritual. Unser Großer hat ab dem 3. Lebensjahr an guten Tagen toll mitgemacht und kann sich mittlerweile weitestgehend allein eingecremen (das heißt nicht, dass es keine schlechten Tage gibt oder man hier und da nachcremen muss). Das Resultat ist also nicht immer wie aus dem Lehrbuch aber die Kleinen sind stolz, wenn sie mithelfen dürfen. Die Rolle der Eltern entspräche dann idealerweise der bereits von Maria Montessori angedachten Aufgabe: Hilf' mir es selbst zu tun.   

  7. Belohnungssystem einführen – bei manchen kleinen Neurodermitis- oder Allergie- und Asthma-Patienten (ab 2-3 Jahre) kann ein Belohnungssystem zumindest über ein paar Wochen und Monate hinweg durchaus erfolgsversprechend sein. Gemeinsam einen Wochen- oder Monats-Plan zeichnen, überlegen, was am Ende der Eincreme-Woche oder des Eincreme-Monats die Belohnung sein könnte, den Belohnungsplan mit Lieblingsaufklebern schön verzieren und dann zusammen mit den Eltern an die Zimmertür kleben - diese "Zeremonie" gibt dem Kind das Gefühl involviert und respektiert zu sein. Jeden Morgen und Abend nach dem Pflege-Ritual darf das Kind selbst Kreuzchen und Häkchen setzen; so wird der Prozess visualisiert und damit für das Kind verständlicher – bis zum Belohnungstag. Die Belohnung kann selbstverständlich alles andere als materiell sein: es kann der langersehnte Ausflug in den Wald sein, der Schwimmbadbesuch, das gemeinsame Plätzchen Backen. Mit den ganz kleinen Patienten funktioniert gegebenenfalls auch noch die unmittelbare Belohnung (der Lieblingskeks, das Fläschchen, der Schnuller) gleich nach jeder Pflege-Einheit. Bei uns ist das Belohnungssystem trotz aller anfänglicher Skepsis eine Weile lang gut gegangen, allerdings ist es irgendwann "eingeschlafen". Denn bei einer chronischen Erkrankung kommt fast jedes Kind irgendwann an den Punkt: 'Warum werde ich nicht gesund?' Da hilft meist auch keine Belohnung mehr sondern Liebhaben, Trösten und Unterstützen. 

  8. Im Schlaf cremen – wenn die Haut besonders trocken ist und einer zusätzlichen Einheit bedarf oder es an einem Abend vielleicht einfach nicht so optimal geklappt hat mit der Ganzkörper-Pflege ("Jetzt hört endlich auf zu cremen oder ich raste aus!"), dann ergänzen wir die Pflege in der Tiefschlafphase. Im Sommer ist unserem Kratzekind in der Nacht immer sehr warm - nicht zuletzt aufgrund der speziellen Konstitution seiner Haut (der oft angeborene Mangel an Schweißdrüsen führt regelmäßig zur Überhitzung der Haut von Neurodermitikern). Dementsprechend schläft unser Kratzekind ab und an nur in Unterwäsche und ohne Bettdecke. Dann ist das 'Nach-Cremen' gar kein Problem. Das geht natürlich weniger gut während eines Schubs, da nicht nur der Schlaf in der Zeit sehr unruhig ist sondern meist ein Anti-Kratz-Schlafanzug oder -Overall getragen wird, den man so schnell nicht los wird im Dunkeln. Generell gilt für Neurodermitiker-Kinder und -Babies bei Tag und bei der Nacht: bloß nicht zu warm anziehen, bloß nicht zu viele Zwiebelschichten. Beispiel: Während die meisten Kita-Freunde meines Sohnes vielleicht wetterbedingt im Kapuzenpullover herumlaufen, fühlt sich unser Großer lediglich leichtbekleidet im T-Shirt wohl. Die 'Überhitzung' der Haut von kleinen Neurodermitis-Patienten hatte ich im Kleinkindalter noch nicht auf dem Schirm, das heißt, vertraut Euren Kindern, wenn sie andeuten, ihnen sei zu heiß, selbst wenn andere Eltern schräg gucken ("kann doch nicht sein, dass DIE ihr Kind bei DEN Temperaturen im T-Shirt rumlaufen lässt") - niemand friert freiwillig, das Kratzekind wird sich bei Kälte schon melden.

  9. Punkt, Punkt, Komma Strich: Creme-& Mal-Spiele - Je nach Alter können Mal-Spiele sehr gut funktionieren. Ob Punkt, Punkt, Komma, Strich Malerei auf dem Bauch (machen die Kleinen auch gern selbst – vor allem das Verschmieren danach), ob unendlich viele Creme-Tupfer mit 'musikalischer Untermalung' a la Sum Sum Sum, Bienchen summ herum oder ob Creme-Figuren oder Buchstaben auf dem Rücken zu erraten sind– der spielerische Umgang mit der Erkankung funktioniert ab und an bei uns sehr gut, einfach mal ausprobieren.

  10. Die Kunst des Eincremens oder: Jeder Jeck ist Anders -  für das eine Kratzekind funktionieren klopfende, für das andere kreisende und für das dritte streichende Bewegungen auf der Haut. Finde heraus, was Deinem Kind gut tut, was es als schön und angenehm empfindet, ob es lieber ein 'Kurz-und-Schmerzlos'- oder ein 'Massage'-Eincreme-Typ ist. Du kennst Dein Kind am besten, Du beobachtest es, schreibst vielleicht ein Atopiker-Tagebuch – halte fest, was gut funktioniert, wann sich dein Kind wohl fühlt, welche Bewegungen es mag. Vielleicht erkennst du schon bald ein Muster oder eine 'Geheimwaffe', die nur für Dich und Dein Kind funktioniert.

Und wenn gar nichts anderes geht am Abend: 15 Min. Sandmännchen, Sendung mit der Maus und Co. ritualisiert mit dem Eincremen verbinden, das hilft (fast) immer :-)


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